Per Anhalter durch Osteuropa
Willkommen bei „Per Anhalter durch Osteuropa“, einem Reisetagebuch, das von meiner abenteuerlichen Reise durch Osteuropa berichtet. Von den belebten Straßen Prags bis zu den ruhigen Ufern des Schwarzen Meeres fängt dieses Tagebuch die Essenz des Trampens, die Schönheit unerwarteter Begegnungen und den Nervenkitzel der Erkundung neuer Gebiete ein.
Mein Name ist Robert Kalb, und dies ist meine Geschichte. Im Laufe von 18 Tagen habe ich Grenzen überquert, unter den Sternen geschlafen und mich der Unberechenbarkeit der offenen Straße hingegeben. Jeder Eintrag in diesem Tagebuch spiegelt die einzigartigen Erfahrungen und Herausforderungen wider, denen ich unterwegs begegnet bin, und gibt einen Einblick in die verschiedenen Kulturen und Landschaften, die diese faszinierende Region ausmachen.
Begleite mich, wenn ich von meinen Reisen erzähle, meine Gedanken teile und Einblicke in die Menschen und Orte gebe, die diese Reise unvergesslich gemacht haben. Von den bezaubernden Gassen Wiens über die historischen Stätten Budapests bis hin zur ruhigen Schönheit des Plattensees ist jeder Moment ein Zeugnis für den Abenteuergeist und die Freude, die Welt Schritt für Schritt zu entdecken.
Also, schnapp die eine Tasse Kaffee, lehn dich zurück und begib dich mit mir auf eine Reise in Osteuropa.
1. Tag – Do 11.08.11
Ich habe mein Reiseziel für diesen Tag erreicht. Jetzt ist es 23:30 Uhr und ich sitze an der Moldau mit einem wunderschönen Blick auf die Burg in Prag. Mit dem Bus nach Altenberg und einer ersten Wandertour über die Grenze erreichte ich meinen ersten Trampplatz.
Nach ca. 1 Stunde nahm mich ein deutscher älterer Herr nach Teplice mit. Dort angekommen habe ich 3 verschiedene Trampplätze versucht, jedoch vergebens. Mit schmerzendem Rücken vom gnadenlos überpackten Rucksack lief ich in der Dämmerung zu einer Tankstelle auf der Autobahn Richtung Prag. Zwei LKW-Fahrer angesprochen und schon saß ich im glasfensterbepackten LKW. Glücklicherweise hat er mich direkt an der Metro abgesetzt, wo zwei Polizisten mit beim Geld abheben und klein-wechseln holfen. Fahrkarte für das Zentrum mit Hilfe von zwei Pragern geholt und nach erneutem Fußmarsch sitze ich nun mit einem kühlen Pilsner Urquell mitten in der Stadt. Mal sehen, wo ich heute übernachte.
2. Tag – Fr 12.08.11
Habe gestern Abend nach meinem Tagebucheintrag noch 2 Franzosen und eine Brasilianerin getroffen. Zusammen haben wir über das Leben, das Reisen und vieles mehr gesprochen. Dabei sind die vorherigen Seiten – sozusagen Gästebucheinträge – entstanden. Nach einigen Bier habe ich mich auf den Weg gemacht, um eine Bleibe für die Nacht zu suchen. Ein Wald auf den Hügeln um Prag erschien mit für mein Zelt das beste, doch nach langem Aufstieg musste ich feststellen, dass hier viele Wege durchgehen und dass die größeren Waldgebiete mit Stacheldraht abgezäunt sind. Wahrscheinlich wegen Leuten, wie mir. Also weiter gesucht, habe mich dann aber in einem weitläufigen sehr sozialistisch anmutenden Gelände verlaufen. Nun war mir ein versteckter Zeltplatz egal. Habe eine gerade Fläche vor ein paar Felsen gefunden und mein Zelt aufgebaut. Schlafen.
Pünktlich 10 Uhr weckt mich die Tschechische Polizei und verlangt nach meinen Papieren. Habe ihnen erzählt, dass ich es in der Nacht nicht bis Prag geschafft habe. Glück gehabt – keine weiteren Probleme.
Zelt eingepackt und schon war ich auf dem Weg zurück in die Prager Innenstadt. Habe festgestellt, dass ich in der Nacht durch die Parkanlagen der Prager Burg gelaufen bin. Zum Glück habe ich nicht hier gezeltet.
Um 11 Uhr sitze ich in einem Café an der Prager Burg und lasse mir Gulasch mit Knödel schmecken. Das Wetter ist – wie selten – perfekt. Aber mit 30 Kilo auf dem Rücken doch nicht das beste.
Habe mir für die Nacht ein Bett in einem Hostel für 15€ genommen, da der Zeltplatz doch weiter weg ist. Erst einmal geduscht und da es erst 14 Uhr ist, werde ich nun meine Sightseeingtour starten. Der Tag ist ja noch lang.
—
Keine Lust gehabt wieder den ganzen Berg zur Burg zu laufen. Habe mir anstattdessen eine Jazzband auf der Karlsbrücke angehört. Schön, entspannen zu können – kein Stress, ich hab Zeit so viel ich will. 29 Kronen konnten mich nicht davon abhalten jetzt ein Pilsner Urquell zu genießen. Mache mir jetzt Pläne über die nächste Etappe und ob ich zwischendurch noch mal übernachte.
—
Habe direkt noch zwei Bekanntschaften gemacht. Mit einem älteren deutschen Herren und seiner tschechischen „Freundin“. Sie haben mir erzählt, dass das Restaurant, in dem ich sitze ehemals die älteste Brauerei von Prag war und jetzt von einem Deutschen geleitet wird. Kein Wunder, dass das Bier so gut schmeckt (wegen der ehemaligen Brauerei). Der Mann hat mir einen Tipp gegeben, das „Dancing House“ anzuschauen. Danke, denn auf dem Touristenstadtplan sieht es bei weitem nicht so interessant aus, wie es ist.
Der Abend naht. Jetzt die letzten Kronen für ein gutes Abendbrot ausgeben – morgen Abend möchte ich in der Nähe von Bratislava sein.
3. Tag – Sa 13.08.2011
Habe mich gestern Abend früh schlafen gelegt, um heute gut aus Prag wegzukommen. Wurde dann munter, als 3 Deutsche in unseren gemeinsamen Schlafsaal gekommen sind und habe mich kurzer Hand entschieden mit ihnen wegzugehen.
Leider sind es ein paar Bier mehr geworden, sodass ich von 6 Uhr bis 11 Uhr geschlafen habe. Die Frau an der Rezeption hat mir eine Tankstelle auf der Autobahn herausgesucht, wo ich ganz gut nach Bratislava trampen sollte. Leider hält hier kein einziger LKW. Der Transitverkehr fährt an mir vorbei und die 3 Lastwagen, die hier stehen, haben Ruhepause. Weiter warten.
—
Ich habe gewartet und Glück gehabt. Eine Wienerin hat mich mitgenommen und ich habe meinen Plan geändert, sodass ich mich jetzt in Wien befinde, da sie komplett durchgefahren ist. Ich habe versucht Kontakt mit den Wiener Studenten aufzunehmen, aber leider ist in den Ferien keiner in der Universität. Auch über Facebook im Internetcafé hatte ich nur mäßige Erfolge. Ein Mädchen hat mir für morgen eine Unterkunft angeboten, aber was ist mit heute Abend? Habe mir die Adresse eines Campingplatzes herausgesucht und mich auf den Weg gemacht. An einer Haltestelle erklärt mit ein Brite, dass ich nicht mehr in der Nacht einchecken kann und mir kurzer Hand einen Platz in seinem Garten angeboten. Er wohnt eigentlich auch nicht hier, aber hat das Haus durch eine Bekanntschaft als Unterkunft bekommen. Haben uns auf Englisch über Gott und die Welt unterhalten. Morgen wollen wir zusammen etwas trinken gehen und die Konversation weiterführen. Halb drei in der Nacht ist halt doch etwas spät, um tiefere Gespräche zu führen.
4. Tag – So 14.08.2011
Fahre jetzt in die Stadt, um mir den Stephansdom anzuschauen. Habe vorhin noch nach einer Dusche gesucht – zum Glück hat der Camping-Platz wieder auf und die Duschen sind kostenlos. Das tat gut. Mutti hat sich über meinen Anruf gefreut.
—
Sightseeing beendet. Hab noch «Abendbrot» gekauft – Weißbrot und Frankfurter. Dazu eine Flasche Wein. Bier war in Prag genug. Erst einmal.
—
Jez hat mir sein Buch geschenkt von einem englischen Journalisten «Born to be Riled». Mal sehen, wann ich dafür Zeit habe.
—
Leider hat Jez den Club nicht mehr gefunden, den er so gut fand. Sind ein bisschen durch die Stadt gelaufen und haben eine Bekannte von ihm getroffen. Jetzt sind wir auf einer Wiese gelandet und trinken den Rest vom Wein. Jez hat sich auf den Weg gemacht, da er sehr «tired» (müde) ist. Habe noch ein bisschen mit seiner Bekanntschaft geredet, aber sie musste leider auch los. Sie will mir vielleicht morgen zeigen, wie man Kaiserschmarrn macht – dann bleibe ich vielleicht doch noch einen Tag länger in Wien, aber mit der Übernachtung wird es schwer. Sitze jetzt in einem «Biergarten» und genieße ein Ottakringer. Wein auf Bier – Bier auf Wein… Naja, es musste halt sein.
5. Tag – Mo 15.08.2011
Nach der morgendlichen Dusche auf dem Campingplatz habe ich meine Sachen zusammen gepackt. Die Sache mit dem Kaiserschmarrn hat sich leider erledigt. Zum Abschied war ich mit Jez noch beim Chinesen beim All-You-Can-Eat. Habe wieder mal zu viel gegessen. Auf dem Rückweg zum Haus haben wir für Jez ein Fahrrad aus einem Container geholt, da er unbedingt eins brauchte und sonst immer nur zu Fuß unterwegs war. Waren zwei coole Tage und danke an Patrick, der mich zwar nicht kennt, aber in dessen Garten ich übernachtet habe. Nach Bratislava fährt ein Tragflügelboot über die Donau. Für 17 Euro ein Highlight. Fischer haben Häuser auf Stelzen direkt an den Fluss gebaut. Die Fahrtzeit von 1½ Stunden war zwar etwas viel für die 40km zwischen den beiden nächsten Hauptstädten der Welt, aber das lag an der großen Schleuse, denn das Boot bringt es laut Kapitän auf 70km/h.
In Bratislava regnet es fürchterlich und bin deswegen in das nächste Restaurant geflüchtet. Spaghetti Bolognese und Bier. Es stellt sich schon wieder die Frage mit der Übernachtung. Oder doch gleich nach Budapest? Aber ohne Sightseeing eigentlich unmöglich.
Handy geht irgendwie nicht. Hoffentlich gibt’s keinen Notfall. Und die Slowakei hat den Euro. Hat mir ein Mann erzählt, als ich auf dem Schiff nach dem gängigen Wechselkurs gefragt habe: 1 zu 1.
6. Tag – Di 16.08.2011
Habe gestern Abend nach einem Hostel gesucht und auch zwei gefunden. Waren leider beide überbucht. Stand im Regen draußen und eine Prostituierte hat mich angemacht. Sie war verdammt jung. Habe sie abgewiegelt woraufhin sie zu zwei anderen deutschen Kerlen gegangen ist. Habe die Truppe dadurch kennen gelernt und sind zusammen etwas trinken gegangen. Sie haben mir angeboten in ihrem Zimmer im Hostel zu schlafen. Zwar kein Bett, aber immerhin trocken. Sie fahren über Budapest nach Kroatien am nächsten Tag. Da meine Reiseinformationen über Bratislava nur von der Burg und sonst sozialistischem Plattenbau erzählen, das Wetter schlecht ist, und die Kerle auch keine hohen Töne über die Stadt erzählen, habe ich mich entschieden mit ihnen nach Budapest zu fahren. Zum Mittag gab es Ravioli vom Campingkocher. Haben in Budapest schnell ein gutes und günstiges Hostel gefunden und uns auf eine kurze Sightseeingtour gemacht. Zum Abendbrot gab es Gulasch und Hühnerschnitzel mit einem guten Glas ungarischem Rotwein.
Der Abend wird hoffentlich vielversprechend in einem Club verbracht.
7. Tag – Mi 17.08.2011
Haben gestern einen super Club besucht. Die Frauen hier sind der Hammer. Heute dann Sightseeing Tour zum Parlament und zum Burgberg gemacht. Jetzt geht’s zum Pubcrawl.
8. Tag – Do 18.08.2011
Der Pubcrawl war echt gut. Hatten zwei «Tote» zu beklagen und was Frauen angeht, bin ich zweimal glücklich geworden. Heute ging es dann für die Jungs nach Kroatien und haben mich zum Balaton mitgenommen. Hier werde ich ein oder zwei Nächte bleiben, denn ein bisschen Ruhe nach den Tagen in Bratislava und Budapest wird mir guttun. Der See ist wirklich riesig, die Wassertemperatur perfekt und warm ist es auch. Übernachten werde ich auf einem Zeltplatz direkt am See und im Buch von Jez lesen.
9. Tag – Fr 19.08.2011
Habe mich entschieden noch einen Tag länger am Balaton zu bleiben, bevor es auf die lange Strecke nach Bukarest geht. Es ist einfach herrlich entspannend hier.
—
Die Waschmaschine läuft. Hoffentlich wird die Wäsche noch bis morgen trocken. Am anderen Ende des Sees scheint es zu regnen und so blau ist der Himmel auch nicht mehr.
—
Scheiße. Hab mir meinen Zeh beim Wäsche aufhängen an einem meiner Heringe aufgerissen. Nächstes Mal steck ich sie tiefer in die Erde. Zum Glück hat mir Opa sein Hansaplastdöschen mitgegeben. Das ist jetzt Verletzung zwei, die ich damit verarzte. Unter Verletzung eins zählen die ganzen Blasen an meinen Füßen.
10. Tag – Sa 20.08.2011
Die Wäsche ist einigermaßen trocken geworden und es hat nur in der Nacht geregnet, sodass es jetzt wieder um die 35°C sind. Der Weg nach Budapest gestaltet sich auf der Karte recht schwer. Entweder zurück nach Budapest, oder quer rüber zur M5 nach Szeged. Ich entscheide mich für letzteres und mache mich auf den Weg zum Abzweig nach Cece.
Leider ist der Weg auf der großen Europakarte wesentlich kürzer, als in der Realität. Unterwegs noch mal nach Wasser gefragt, weil die 4 Liter, die ich mitgenommen habe inzwischen leer und ausgeschwitzt sind.
Angekommen versuche ich es mit verschiedenen Trampschildern nach Szeged, Cece und zuletzt nach Enying – der nächste Ort auf dieser Straße. Mich nimmt eine Frau mit nach Enying, was mich aber eigentlich noch mehr in die Pampa bringt. Dort versuche ich es ca. 2 Stunden mit Cece, als mich ein Mann direkt bis nach Kecskemét mitnimmt.
Achja und auf meinem Hinweg zur Kreuzung nach Cece habe ich sprichwörtlich einen Unfall hautnah miterlebt. Ich saß in einer Straßeneinfahrt um zu rasten, als sich neben mir – vielleicht 1m – ein Auto vorbeidreht. Echter Schreckensmoment, der mich wieder wach gerüttelt und mir Energie gegeben hat.
Zurück zur Fahrt nach Kecskemét. Wir haben zwischendurch in Cece gehalten, weil der Mann noch Obst kaufen wollte. Solche riesen Melonen – und damit meine ich die Früchte – habe ich noch nie gesehen. Habe mir direkt zwei Mandarinen und einen Pfirsich gekauft. Für umgerechnet nicht einmal 1 Euro. Schmecken verdammt gut und sind mit Sicherheit direkt vom Feld.
In Kecskemét hat mich hat mich der Mann direkt an der Kreuzung nach Szeged abgesetzt. Als es dunkel wurde, stellte ich fest, dass es anscheinend ein Straßenstrich war. Wie soll man da trampen bei so vielen winkenden Händen? Paar Meter weiter vorne war es besser, wo mich direkt ein Mann im Kleintransporter mitgenommen hat. Er hat mir erzählt, dass er morgen auf einem Flohmarkt Sperrmüll aus Deutschland verkaufen wird. Jetzt weiß ich, wo das Zeug landet. Leider hat er mich nicht bis Szeged mitgenommen, sodass ich jetzt in einer Stadt oder Dorf, welche(s) wahrscheinlich den Namen Kiskunfélegyháza hat, fest sitze. Habe leider nicht auf das Ortseingangsschild geachtet, da ich nicht wusste, wie weit er fährt und ich etwas eingenickt bin.
Jetzt einen guten Trampplatz finden, ich will heute noch an die Grenze oder weiter.
—
Habe vergebens versucht weiter zu kommen und mir deswegen einen Schlafplatz am Straßenrand in einem kleinen Wald gesucht. Wurde von einer ganzen Herde an Mücken heimgesucht, da ich nur mit Isomatte und Schlafsack war. Bin deswegen wieder fort von dort und zur nächsten Tankstelle in der Hoffnung durch einen Zufall weiter zu kommen. Und dieser kam. Ein Kerl musste sein kaputtes Motorrad auf einen Hänger bekommen. Da nur ich da war, half ich ihm und er nahm mich bis 20km vor Szeged mit. Hier wollte ich nun endgültig schlafen. Aber bei den massen an tierischen Alarmanlagen – Hunde – ist es unmöglich irgendwo unentdeckt auf eine Wiese zu kommen. Habe deswegen am letzten beleuchteten Haus geklopft und dem Mann mit Händen und Füßen erklärt, dass ich auf seiner Wiese campen will. Es sag so aus, als ob er auf seine Wiese vor dem Haus gezeigt hätte. Habe mein Zelt aufgebaut, aber nur mit dem unteren Teil, um ihn morgens nicht mit einem riesigen Zelt zu erschrecken und um mir beim Einschlafen den wunderbaren Sternenhimmel anzuschauen.
Gute Nacht.
11. Tag – So 21.08.2011
Habe es nun zum Glück nach Szeged geschafft, dank eines BMW-Fahrers. Um weiterzukommen, bin ich in der hoch am Himmel stehenden Sonne ein Stück aus der Stadt gelaufen und werde hier an einer Bushaltestelle versuchen nach Mako oder Arad zu kommen. Sonntags fahren leider auch hier keine LKW.
—
Habe es weiter geschafft. Weiter als ich gedacht hätte. Ich bin in Pitesti gelandet. Ca. 120 Kilometer vor den Toren von Bukarest. Es ging über Arad, Deva, Sibiu hier her. Insgesamt 8 Stunden Fahrt über eine Straße, die ich vielleicht einen asphaltierten peruanischen Gebirgspfad nennen würde.
Ich habe auf der Strecke viel gesehen. Transsilvanien mit seinen endlosen Feldern, Bergen und Wäldern, Häuser deren oberste Etage bereits fertiggestellt waren, darunter aber nur die Tragkonstruktion des Rohbaus – ja, anscheinend kann man Häuser doch oben anfangen zu bauen – Einen Supermarkt, in dem mitten in der Nacht das komplette Licht ausfiel, Knoblauch – und Chillibündel gegen Drakula, ein Dorf, dass durch die Transitstrecke «zerschnitten» wurde und einen herrlichen Sonnenuntergang mit noch besserem Sternenhimmel und Mond.
Nur eine Tatsache hat mir dieses wunderbare Erlebnis vermiest. Ich musste für die Fahrt zahlen – 25 Euro in Benzin. Gut, so günstig wäre ich bei der Mitfahrzentrale vermutlich nicht weggekommen. Jetzt sitze ich mitten in einer Stadt, wo wildcampen nicht in Frage kommt und das Weiterfahren vermutlich wieder etwas kostet. Wieder die selbe Frage: Wo schlafe ich heute?
12. Tag – Mo 22.08.2011
Habe letzte Nacht ein Hostel gefunden und den Preis auf die Hälfte heruntergehandelt. Hatte keine Lust mehr länger zu suchen zumal Pitesti voll von kläffenden Straßenkötern ist. Pfefferspray ist da genau das richtige, habe es aber nicht gebraucht. Heute dann die Etappe nach Budapest schaffen. Die Tatsache, dass Trampen hier Geld kostet, hat wenigstens den Vorteil, dass schnell jemand anhält. Für 10 LEI nach Bukarest – umgerechnet nicht einmal 2,50€. Auf dem Weg war kurz hinter meinem Motel ein See… eigentlich ideal zum wild campen, aber sowas findet man in der Nacht leider nicht. In Bukarest angekommen erst einmal bei Real eingekauft. Wenn ich es bräuchte, könnte ich auch bei Hornbach oder in «Germanshops» einkaufen – echt crazy. Unterwegs gab es auch einen Fluss, der Trinkwasser heißt.
Bukarest ist irgendwie eine Stadt mit zwei unterschiedlichen, vermischten Gesichtern. Auf der einen Seite sozialistische Wohngebäude; dem größten Gebäude Europas und modernen klimatisierten Einkaufscentern an denen H&M Werbung in gigantischer Größe hängt.
Die Straßenbahn kostet hier nur 2,90 LEI, also ca. 70 Cent – braucht aber für die 20 Minuten Fußweg genauso lang, um durch das Verkehrschaos zu kommen.
Heute Nacht Hostel, nachmittags Sightseeing und morgen raus aus Rumänien, vielleicht direkt an den Goldstrand. Pläne kann man machen, aber es kommt eh anders und meistens als man denkt, vor allem beim Trampen. Brauche noch einen Anstecker für meinen Hut.
—
Jede Hauptstadt Europas, vielleicht sogar jede auf der Welt besitzt ein touristisches Zentrum, wo man sich vor lauter Kameras und Souvenirshops kaum retten kann. Eine Ausnahme scheint es zu geben. Bukarest. Habe zwei Franzosen nach Souvenirshops gefragt – sie kennen auch keinen und auch kein touristisches Zentrum. In ihrem Reiseführer sind zwei Straßen für Souvenirs aufgeschrieben. Die eine ist gepflastert mit Zeitungsläden, die andere mit Irish Pubs. Sie meinten auch: Crazy Town – komische Stadt.
—
Habe noch nicht einmal einen Laden mit Postkarten gefunden. Der Mann an der Rezeption von unserem Hostel meinte auch: «Was soll man denn hier für eine Postkarte fotografieren?» Naja, ok.
13. Tag – Di 23.08.2011
Zusammen mit 5 Briten, zwei Kerlen und 3 Mädels ging es abends dann noch auf eine kleine Kneipentour. Sind in einem Heavy Metal Club am Ende gelandet. War ganz ok. Früh habe ich mich auf den Weg gemacht, um ein bisschen außerhalb der Stadt einen Trampplatz zu finden. Mit der Straßenbahn, U-Bahn und einem Überlandbus – einem Kleintransporter mit ca. 10 Sitzen bin ich in den Ortsteil Jilava gefahren. Die Überlandbusse muss man wie per Anhalter heranwinken. 2 sind an mir vorbeigefahren, bis ich das verstanden hatte und weitere 3, bis endlich einer angehalten hat. Und die Busse fahren nur alle halbe Stunde.
Unterwegs habe ich noch einen «Straßenarzt» gesehen. Gegen kleines Geld kann man sich wiegen lassen, die Größe messen und kleine Wehwehchen behandeln lassen. Wobei die Schraubenzieher nach etwas grobem Zahnwerkzeug aussahen.
—
Zwei junge Soldaten der rumänischen Armee haben mich bis zur Grenze mitgenommen. Wir haben uns hauptsächlich über Preisunterschiede zwischen Deutschland und Rumänien unterhalten. Zu Bulgarien rüber gibt es eine gigantische Brücke über die Donau, die mich schon meine ganze Reise lang begleitet hat. Die Grenzer waren etwas überfordert mit einer Person zu Fuß, wo eigentlich nur ein paar Autos und der gesamte Transitverkehr in die Türkei abgefertigt wird. Vor der Brücke staut sich alles. Leider wusste ich vorher nicht wieso – die Brücke wird repariert. Ansonsten hätte ich vor der Brücke alle LKW gefragt, hinter der Brücke sind alle froh wegzukommen und zurück ist keine gute Idee, da der Weg lang ist und die Grenzer eh schon von mir genervt waren.
Auf der bulgarischen Seite gibt es kleine Gaststätten und eine Tankstelle an denen einige Fahrer halten. Vielleicht ergibt sich hier ja was. Habe überlegt vielleicht direkt nach Istanbul zu fahren, da Varna nicht auf der Transitstrecke liegt und es schwer wird wieder hinzukommen. Mal sehen.
14. Tag – Mi 24.08.2011
Bin verdammt müde und irgendwie lässt bei mir die Lust nach weiter zu trampen. In erster Linie liegt das vor allem daran, dass meine Füße bei jedem Schritt am Schmerzen sind. Habe unter den Füßen mehrere, vielleicht 5cm-Durchmesser große Blasen. Dazu kommt, dass ich den ganzen Nachmittag, Abend und die Nacht durch versucht habe von der Grenze weg zu kommen. Mit Trampschild hält gar keiner und wenn man fragt, fährt keiner dahin, wo man will. Eigenartig, denn von hier aus gibt es nur drei Richtungen: Sofia, Istanbul bzw. Türkei und Varna. Viele Fahrer schauen direkt schon weg, wenn sie mich sehen, weil sie wissen, dass ich trampen will. Deswegen habe ich nach deutschen Speditionen Ausschau gehalten. Die Nummernschilder sind sowieso alle aus Rumänien, Türkei oder Bulgarien, geschweige denn, dass die Fahrer deutsch verstehen. Zumindest sieht es danach aus. Sie wollen vielleicht auch einfach nicht. Da zeiht auch das Argument, dass ich selber Deutscher bin, nicht viel. Ein Lächeln bekommt man. Ich weiß nicht, ob ich da korrekt liege, aber nach meinen Erfahrungen und Erzählungen anderer Leute auf dieser Reise, ist das Trampen mit dem Transitverkehr nicht mehr so einfach, wie früher. In die Türkei zu kommen scheint mir derzeit nahezu unmöglich.
Ende des Selbstmitleides, frage jetzt noch zwei, drei Fahrer an der Tankstelle und suche mir dann den Bahnhof nach Varna – angeblich für unter 10 Euro.
—
Habe den «Bahnhof» gefunden. Da der Grenzübergang nicht für Personen gemacht ist, gibt es auch nicht wirklich einen Fußweg. Dennoch fand ich einen kleinen Pfad neben der Straße, der dann aber von der Straße abzweigte und in den altern Bahnhof einbog. Viele alte Waggons, ein altes zugewachsenes Bahnhofsgebäude, viele Schienen und noch mehr Gebäude. Hier hatten sich sogar ein paar Leute eine Dusche eingerichtet: Seil + Flasche + Handtuchhalter.
Weiter hinten dann eine jetzt zugewachsene Allee und das verwachsene Eingangsschild – ein Torbogen mit jetzt unleserlichem Schriftzug.
Ein paar hundert Meter weiter sah ich dann eine Siedlung von wirklich armen Menschen. Häuser bis auf die Grundmauern zusammengebrochen, mit Wellblech ein dürftiges Dach gebaut, wieder einmal kläffende Hunde und ein paar Blumen, um nicht zu sagen «Garten».
Wirklich schockiert davon bin ich weitergelaufen und habe nach dem Weg zum Bahnhof gefragt, welcher nicht mich über weitere alte Bahngleise, an Mauern alter Gebäude vorbei und über die «neuen» Bahngleise führte. Dort angekommen fragte mich ein Bahnhofsaufseher, schon etwas militärisch anmutend, was ich denn hier wolle, worauf ich sagte, dass ich nach Varna will. Er erklärte mir, dass der Zug 16 Uhr fährt und ich sagte, dass ich warte (es ist gerade 8 Uhr früh), woraufhin er mich sehr komisch ansah.
Ich war glücklich «Zeit» zu haben. Er verstand auch nicht, wie ich von der Grenze kommen kann, denn die liegt gute 10km entfernt, aber wandern kennt man hier vielleicht nicht – Ironie Ende.
Er hat sich gleich um mich «gekümmert», also meinen Tagesablauf organisiert, was ich jetzt zu tun habe. Ticket für den Zug kaufen. Klar, aber ohne bulgarisches Geld schlecht. Die Frau am Ticketschalter kann angeblich Euros wechseln, aber ich glaube nicht 50-Euro-Scheine. Also gab er mir die Aufgabe zur Bank zu gehen und direkt zurückzukommen.
Nach einer Stunde habe ich eine Bank gefunden und trinke erst einmal einen Kaffee. Ich muss ja dann noch 8 Stunden im Bahnhof warten. Stress gibt es in diesem Urlaub nicht.
—
Noch einen Kaffee
—
Zurück im Bahnhof gab es keine weiteren Probleme. Habe mich noch nett mit dem Officer unterhalten und dann ein bisschen geschlafen. Ein Junge meines alters erzählte mir dann, dass 300 Euro ein normales Gehalt für Bulgarien sei und weitere Probleme über die Arbeitswelt.
16 Uhr kam mein Zug nach Varna für 11 Leva – in 5 Stunden zum Ziel. Bus zum Zeltplatz genommen und werde zwei Nächte hier schlafen. Habe mich dazu entschieden nicht mehr nach Istanbul zu fahren und von hier aus einen Flieger nach Dresden zu nehmen. Genug des Abenteuers und der ständigen Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten. Außerdem ist das Geld fast alle. Morgen Strand und abends vielleicht in einen Club, den westlichen Lebensstil genießen, der ja so überschwänglich und unterschiedlich ist zu dem der Bulgaren, aber dennoch gleich nebenan stattfindet.
17. Tag – Sa 27.08.2011
Da mein Flug erst morgen nach Deutschland geht, hatte ich noch ein paar schöne Tage am Goldstrand. Es war schwer hier zu feiern, nachdem ich so viel andere Dinge in diesem Land gesehen habe.
Der Goldstrand hat sich tatsächlich in den letzten 4 Jahren zu einem zweiten Ballermann entwickelt mit entsprechend vielen Deutschen. Schön, dass mein Campingplatz am Ende des Goldstrandes liegt. Hier bekommt man nichts von all dem Partylärm mit. Genieße es stattdessen in einem Restaurant am Strand einer bulgarischen Hochzeit beizuwohnen.
Morgen mit dem Bus nach Burgas und den Flieger direkt nach Dresden. Leider lädt mein Handy nicht mehr auf, sodass ich meine Eltern nicht zwecks abholen anrufen kann.
18. Tag – So 28.08.2011
Sitze jetzt am Flughafen und warte auf meinen Flieger. Check-In und alles hat geklappt. Früh gab es noch ein schönes Frühstück mit einer Familie aus der Ukraine, die am Abend zuvor an der Hochzeit teilgenommen hat. Wie alle Leute vorher waren auch sie erstaunt, dass ich von Dresden bis nach Varna getrampt bin. Bis ans schwarze Meer ist doch schon ein ganzes Stück. Schade, dass ich es nicht bis Istanbul geschafft habe, aber dorthin sollte man vielleicht doch mal eine Städtereise machen.
—
Ok, die 50 bis 60Kg Rucksackgewicht habe nicht hingehaun. 32,5Kg hat die Waage am Flughafen angezeigt. Bin zurück in Good Old Germany und wenn ich meine Eltern anrufe, geht nur der Anrufbeantworter ran. So ein Pech. Hatte auf ein schönes Abendbrot gehofft. Naja, vielleicht morgen.